Berliner Testament: Vor- und Nachteile gut abwägen

eingestellt von Eric Zimdars am 13. Juli 2016

 

Viele Eheleute schließen ein Berliner Testament. Sie beerben sich also gegenseitig. Die Kinder treten erst nach dem Tod des Überlebenden das Erbe an. Doch Vorsicht: Diese Form der letztwilligen Verfügung kann sich als nachteilig herausstellen.

Stirbt jemand ohne Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge. Für Eheleute heißt das: Der überlebende Partner muss das Erbe – je nach Konstellation – mit den Kindern oder auch den Eltern oder Geschwistern des Verstorbenen teilen. Im für ihn ungünstigsten Fall steht ihm nur ein Viertel des Erbes zu. Eine mögliche bittere Konsequenz: Die gemeinsam von den Eheleuten genutzte Immobilie muss verkauft werden, um die anderen Erben auszahlen zu können. Die Versorgung des hinterbliebenen Ehepartners ist daher auch ein häufiges Motiv für die Errichtung des Berliner Testaments. Ein solches gemeinschaftliches Testament kann aber auch nachteilig sein. Aus folgenden Gründen:

1) Ein Berliner Testament ist für den überlebenden Ehegatten bindend. Er kann also später die gemeinsame Verfügung grundsätzlich nicht mehr ändern und zum Beispiel einen undankbaren Sohn nicht mehr enterben, weil beide Eltern ihn im Testament als Erben eingesetzt hatten. Soll der länger lebende Ehegatte berechtigt sein, nach dem Tod des Erstverstorbenen das Testament abzuändern, muss das bereits im gemeinsam errichteten Berliner Testament ausdrücklich vorgesehen sein. Und selbstverständlich können beide Ehegatten gemeinsam das gemeinschaftliche Testament zu Lebzeiten widerrufen, sofern sie sich einig sind.

2) Die Kinder erben erst, wenn der zweite Elternteil verstorben ist, und dann das gesamte Vermögen auf einmal. Ihnen steht dabei nur das eine Mal der Freibetrag von 400.000 Euro zur Verfügung. Bei der Weitergabe von großen Vermögen kann das Berliner Testament damit zu einer hohen Erbschaftsteuerbelastung führen. Weil die Kinder beim Tod des ersten Elternteils durch das Berliner Testament faktisch enterbt sind, haben sie einen Pflichtteilsanspruch gegen den überlebenden Partner. Das ist ein sofort bei Geltendmachung fälliger Geldanspruch in Höhe des halben gesetzlichen Erbteils. Macht ein Kind diesen Pflichtteilsanspruch geltend und ist, wie vielfach der Fall, außer der selbst genutzten Immobilie kein größeres Vermögen vorhanden, wird das eigentlich mit dem Berliner Testament verfolgte Ziel verfehlt: Der Überlebende muss die Immobilie verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Er verliert damit „das eigene Dach über dem Kopf“.

3) Heiratet der Witwer oder die Witwe erneut, entsteht für den neuen Gatten ein Pflichtteilsrecht. Für Kinder aus der ersten Ehe verringert sich dadurch der spätere Nachlass. Das lässt sich allerdings durch eine Wiederverheiratungsklausel vermeiden.

Tipp: Ermitteln Sie, wer was erben würde, wenn Sie kein Testament hätten. Passt Ihnen das nicht, sollten Sie einen Letzten Willen errichten. Bei einem privaten Testament reicht es aus, wenn einer der Eheleute das per Hand schreibt und der andere die gemeinschaftliche Erklärung mitunterzeichnet. Die Alternative: Sie gehen zu einem Notar und verfassen ein sogenanntes öffentliches Testament. Vom Notar erhalten Sie eine Beratung, sodass Ihr Letzter Wille eindeutig und rechtssicher zustande kommt. Die Gebühren richten sich nach der Höhe des Vermögens.

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